Der TTV Letmathe 1954 e.V. steht nach 64 Jahren Mitgliedschaft im Westdeutschen Tischtennis-Verband (WTTV) vor einer entscheidenden Weichenstellung. Der Verein zählt derzeit über 180 aktive und passive Mitglieder und nimmt mit insgesamt acht Mannschaften – fünf Herren- und drei Nachwuchsteams – am Spielbetrieb teil. Der Vorstand des Vereins hat die Mitglieder sowie die aktiven Spielerinnen und Spieler über einen einstimmigen Beschluss informiert: Sollte der Antrag auf Bezirkswechsel beim Verbandstag am 18. Mai 2025 in Schwerte keine Mehrheit finden, wird der TTV Letmathe die Reißleine ziehen.
Dabei betont der Verein ausdrücklich:
Diese Maßnahme ist nicht als Drohung zu verstehen, sondern als letzte Konsequenz aus einer über zwei Jahre andauernden Entwicklung ohne tragfähige Alternative.
Selbstverständlich wird der Verein die Entscheidung und das Votum der stimmberechtigten Delegierten beim Verbandstag in vollem Umfang respektieren.
Der Verein kann sich dabei auf die breite Unterstützung seiner Mitglieder verlassen. Diese danken dem Vorstand ausdrücklich für dessen beharrlichen Einsatz über mehr als zwei Jahre – im Sinne des Sports Tischtennis in der Region und für die Menschen aus der Region. In vielen Rückmeldungen wurde deutlich, dass die Entscheidung voll mitgetragen wird – auch, weil bei Spielern, Betreuern und Eltern inzwischen „die Luft komplett raus“ ist.
„Wir hoffen weiterhin auf eine positive Entscheidung beim Verbandstag“, sagt Yenen.
„Nach über 60 Jahren im WTTV und vielen gelungenen Projekten – insbesondere im Nachwuchsbereich mit zahlreichen Schul- und Kindergartenkooperationen, der Austragung von WTTV-Nachwuchsranglistenturnieren sowie der Mitwirkung an Trainerausbildungen – fällt uns allein die Aussicht auf einen Austritt selbstverständlich nicht leicht. Aber wenn es keine andere Perspektive gibt, müssen wir im Sinne unserer Mitglieder handeln. Der Wunsch nach Veränderung ist nicht kurzfristig gewachsen, sondern Ergebnis eines über zwei Jahre andauernden und offenen Prozesses, den wir gemeinsam mit unseren Mitgliedern gegangen sind.“
Der Vorstand hat auch für den Fall einer Ablehnung eine klare Linie kommuniziert.
„Sollte der Antrag abgelehnt werden, wird der TTV Letmathe keine Mannschaften mehr für den Spielbetrieb im Bezirk Südwestfalen melden. In diesem Fall würden wir uns vollständig vom WTTV abmelden und uns aus dem Spielbetrieb zurückziehen“, so Torben Majewski, Sportwart des Vereins.
Gleichzeitig stellt der Vorstand klar, dass es keine Kooperationen oder Fusionen mit anderen Vereinen geben wird. Auch die Gründung sogenannter „Scheinvereine“, wie sie bei anderen Vereinen bereits praktiziert wurden, um der Problematik auf Umwegen zu entkommen, kommt für den TTV Letmathe nicht infrage. Eine Alternative zu einem positiven Bescheid auf dem kommenden Verbandstag sieht der Vorstand nicht mehr.
Mit der Neustrukturierung der Verbandsbezirke im Jahr 2023 wurde der TTV Letmathe dem Bezirk Südwestfalen zugeteilt – eine Entscheidung, die nicht auf Wunsch des Vereins beruhte. Seitdem haben sich die Anfahrtszeiten und Strecken für Punktspiele erheblich verlängert.
Der Zeit- und Kostenaufwand für Auswärtsspiele im Bezirk Südwestfalen liegt im Vergleich zum Bezirk Mittleres Ruhrgebiet bei etwa 50 % mehr – eine Belastung, die für viele Mitglieder nicht länger tragbar ist.
Vor allem im Nachwuchsbereich haben sich die veränderten Rahmenbedingungen negativ ausgewirkt: Kleine Gruppen, wenige Mannschaften und teilweise kaum sportlich fordernde Spielverläufe behindern eine sinnvolle Entwicklung junger Spielerinnen und Spieler. Hinzu kommt, dass für viele Auswärtsspiele kaum noch Stamm- oder Ersatzspieler organisiert werden können. Die Auswirkungen zeigen sich deutlich – nahezu alle Mannschaften sind in ihrer sportlichen Entwicklung zurückgeworfen worden.
Zudem leidet der Bezirk Südwestfalen selbst unter massiven strukturellen Problemen. Der Vorsitzende des Bezirks hat in Gesprächen mit dem WTTV und dem TTV Letmathe deutlich gemacht und mehrfach damit gedroht, dass der Bezirk ohne den TTV Letmathe den Spielbetrieb nicht mehr aufrechterhalten könne. Damit wurde dem Verein indirekt die Verantwortung für das Fortbestehen des Bezirks zugeschoben – eine zusätzliche Belastung in einer ohnehin schwierigen Situation.
„Wir sind ein grundsolider Verein mit stabilen Strukturen – und trotzdem geraten wir in eine Lage, die für uns kaum noch tragbar ist“, erklärt Yenen.
„Diese Entwicklung haben wir nicht verursacht, aber wir tragen die Folgen – auf Kosten unserer Jugendlichen und Ehrenamtlichen.“
Die aktuelle Entwicklung im Verein zeigt ein deutliches Bild: Innerhalb von zwei Jahren ist die Zahl der aktiven Herren- und U19-Spieler um rund 30 % gesunken. Besonders besorgniserregend ist der vollständige Wegfall aller U15-Spieler – ein Problem, das vor allem auf die extrem weiten Anfahrtswege zurückzuführen ist, die viel Zeit kosten und mit dem Alltag auf der Spielklassenebene nicht mehr vereinbar sind.
"Teilweise kehren Spieler nach Auswärtsspielen unter der Woche erst gegen 2:00 Uhr nachts zurück – bei Hin- und Rückfahrten von insgesamt bis zu vier Stunden, wohlgemerkt auf Bezirks- oder ehemals Kreisebene."
Zusätzlich steht dieses Problem in direktem Zusammenhang mit dem eingeschränkten Jugendangebot im Bezirk Südwestfalen.
In der Folge mussten sämtliche gemeinsamen Schul- und Kindergartenkooperationen mit dem WTTV eingestellt werden, da keine neuen Mitglieder mehr gewonnen werden konnten. Interessierte Kinder und ihre Eltern zeigten sich häufig bereits im Vorfeld abgeschreckt – vor allem aufgrund der weiten Anfahrten zu Auswärtsspielen, die für viele in der Praxis nicht umsetzbar sind.
„Die aktuellen Rahmenbedingungen stellen uns vor erhebliche Herausforderungen“, erläutert der sportliche Leiter Torben Majewski.
„Wir sind mit unseren persönlichen und zeitlichen Ressourcen am Limit. Wir können kein schleichendes Vereinssterben in einem Bezirk akzeptieren, der uns strukturell nicht mehr gerecht wird.“
Entscheidung fällt im Mai
Sollte der Antrag auf Bezirkswechsel erneut abgelehnt werden, will der Vorstand auf der Jahreshauptversammlung Ende Mai 2025 die vollständige Abmeldung vom WTTV beschließen.
Der Vorstand
TTV Letmathe 1954 e.V.